Widerrufung einer Schenkung: Was Sie über Rechte, Fristen und Steuern wissen müssen

Widerrufung einer Schenkung: Was Sie über Rechte, Fristen und Steuern wissen müssen

Die Schenkung ist eine weit verbreitete Form der Vermögensübertragung, bei der Vermögenswerte wie Immobilien, Gesellschaftsanteile oder Geld von einer Person auf eine andere übertragen werden. Oftmals handelt es sich dabei um eine Geste der Großzügigkeit, die den Beschenkten finanziell absichern oder unterstützen soll. Doch das Leben kann unvorhersehbare Wendungen nehmen, und nicht selten ergeben sich Situationen, in denen der Schenker seine Entscheidung bereut und die Schenkung rückgängig machen möchte. Der Widerruf einer Schenkung ist allerdings nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen möglich. In diesem Artikel werden die wichtigsten gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen sowie die praktischen Aspekte des Widerrufs einer Schenkung ausführlich erläutert.

 

Gründe für die Widerrufung einer Schenkung

Grober Undank des Beschenkten (§ 530 BGB)

Einer der häufigsten und bedeutendsten Gründe für den Widerruf einer Schenkung ist der sogenannte grobe Undank des Beschenkten. § 530 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht vor, dass eine Schenkung widerrufen werden kann, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder einem nahen Angehörigen des Schenkers schuldig macht. Diese Verfehlung muss eine tadelnswerte, auf Undankbarkeit deutende Gesinnung erkennen lassen. Beispiele für groben Undank sind etwa schwere Beleidigungen, körperliche Misshandlungen, Bedrohungen des Lebens oder grundlose Strafanzeigen gegen den Schenker.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde wiederholt klargestellt, dass die Beurteilung von grobem Undank immer eine sorgfältige Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert. Dabei spielt nicht nur das Verhalten des Beschenkten eine Rolle, sondern auch der Gegenstand der Schenkung und die Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem.

Verarmung und Notbedarf des Schenkers (§ 528 BGB)

Ein weiterer gesetzlicher Rückforderungsgrund ist die Verarmung des Schenkers nach Vollzug der Schenkung. Gemäß § 528 BGB kann der Schenker die Schenkung zurückfordern, wenn er nach der Schenkung nicht mehr in der Lage ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber Angehörigen nachzukommen. Allerdings hat der Beschenkte die Möglichkeit, die Rückgabe der Schenkung abzuwenden, indem er dem Schenker die zur Sicherung seines Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt.

Dieses Rückforderungsrecht wird in der Praxis auch von Sozialhilfeträgern genutzt. Sollte der Schenker nach der Schenkung auf Sozialhilfe angewiesen sein, kann der Sozialhilfeträger den Rückforderungsanspruch geltend machen. Eine zeitliche Grenze setzt § 529 BGB: Der Rückforderungsanspruch ist ausgeschlossen, wenn seit der Schenkung bereits zehn Jahre vergangen sind.

Rückforderung aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

In einigen Fällen können Schenkungen auch aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückgängig gemacht werden. Dies ist der Fall, wenn sich die Umstände, die bei Abschluss des Schenkungsvertrages als Grundlage dienten, nachträglich derart verändern, dass die Vertragsparteien den Vertrag so nicht abgeschlossen hätten. Dieser rechtliche Mechanismus ist Teil des Prinzips von Treu und Glauben im deutschen Zivilrecht.

Typische Beispiele für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Schenkungsrecht sind Schenkungen zwischen Ehegatten oder Lebensgefährten, die unter der Vorstellung getätigt wurden, die Beziehung würde dauerhaft bestehen. Kommt es jedoch zu einer Trennung oder Scheidung, kann dies als Wegfall der Geschäftsgrundlage betrachtet werden und den Schenker zur Rückforderung der Schenkung berechtigen.

Schenkungen an Schwiegerkinder

Nicht selten übertragen Eltern Vermögen nicht nur auf ihre eigenen Kinder, sondern auch auf deren Partner, beispielsweise im Rahmen eines Immobilienkaufs. Kommt es später zur Trennung oder Scheidung, entsteht oft der Wunsch, die Schenkung an das Schwiegerkind rückgängig zu machen. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass eine solche Schenkung grundsätzlich widerrufen werden kann, wenn die Ehe, die die Geschäftsgrundlage der Schenkung darstellte, scheitert.

Hierbei spielt es eine Rolle, ob die Möglichkeit einer Scheidung bei der Schenkung bedacht und in die Überlegungen einbezogen wurde. Hat das Schwiegerkind die Zweckvorstellung der Schwiegereltern gekannt, und die Ehe scheitert später, entfällt die Geschäftsgrundlage, was einen Widerruf ermöglicht.

 

Vertragliche Rückforderungsrechte

Neben den gesetzlichen Widerrufsgründen besteht auch die Möglichkeit, vertragliche Rückforderungsrechte im Schenkungsvertrag zu vereinbaren. Dies bietet dem Schenker mehr Sicherheit und Flexibilität, um auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren zu können. Solche vertraglichen Rückforderungsrechte können vielfältig gestaltet sein und beispielsweise beinhalten, dass die Schenkung rückgängig gemacht werden kann, wenn der Beschenkte verstirbt, ohne eigene Nachkommen zu hinterlassen, oder wenn der Beschenkte in finanzielle Schwierigkeiten gerät und das geschenkte Vermögen gefährdet ist.

Ebenso kann eine vertragliche Rückforderung vereinbart werden, wenn der Beschenkte bestimmte Verhaltensweisen zeigt, die das Familienvermögen gefährden könnten, wie etwa Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. Auch der Schutz des Schenkers im Falle einer eigenen wirtschaftlichen Notlage kann vertraglich abgesichert werden.

 

Pflicht- und Anstandsschenkungen

Eine Rückforderung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn es sich um eine Pflichtschenkung oder eine Anstandsschenkung handelt. Pflichtschenkungen sind solche, die durch eine sittliche Pflicht gerechtfertigt sind und nicht ohne Verletzung dieser Pflicht unterbleiben können. Anstandsschenkungen sind übliche Gelegenheitsgeschenke, wie sie zu Geburtstagen, Hochzeiten oder Weihnachten gemacht werden. Solche Schenkungen können nicht widerrufen werden, da sie in einem sozialen und moralischen Kontext stehen, der ihren Widerruf unzulässig macht.

 

Schenkungssteuerliche Aspekte bei der Widerrufung einer Schenkung

Die Rückforderung einer Schenkung wirft nicht nur rechtliche, sondern auch steuerliche Fragen auf. Schenkungen unterliegen in Deutschland der Schenkungssteuer, die vom Beschenkten zu entrichten ist. Die Steuer bemisst sich nach dem Wert des geschenkten Vermögens und den persönlichen Freibeträgen des Beschenkten. Wird eine Schenkung widerrufen, stellt sich die Frage, wie dies steuerlich zu behandeln ist.

Grundsätzlich regelt § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), dass die Schenkungssteuer erlischt, wenn das Geschenk aufgrund eines Rückforderungsanspruchs zurückgegeben werden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass der Widerruf rechtmäßig auf einem vertraglich oder gesetzlich begründeten Rückforderungsrecht beruht. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Schenkung wegen groben Undanks oder wegen der Verarmung des Schenkers rückabgewickelt wird.

Wird die Schenkung rückgängig gemacht, indem der Beschenkte das Geschenk an den Schenker zurückgibt, so erlischt die zuvor gezahlte Schenkungssteuer. Das bedeutet, dass der Beschenkte einen Antrag auf Aufhebung oder Erstattung der bereits gezahlten Schenkungssteuer stellen kann. Wichtig ist dabei, dass die Rückgabe des geschenkten Vermögens nicht als erneute Schenkung betrachtet wird. Dies gilt auch dann, wenn der Beschenkte das Geschenk freiwillig zurückgibt, etwa aus moralischen Gründen, ohne dass ein gesetzliches Rückforderungsrecht vorliegt.

Anders gestaltet sich die Situation, wenn die Rückabwicklung nicht durch eine Rückgabe der ursprünglichen Schenkung erfolgt, sondern der Beschenkte eine Entschädigung an den Schenker zahlt oder das Geschenk verkauft wird, um den Schenker auszuzahlen. In solchen Fällen könnte eine erneute Schenkungssteuerpflicht entstehen, da die steuerlichen Rahmenbedingungen komplexer werden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Rückforderungsanspruch auf Verarmung des Schenkers einer Verjährungsfrist von zehn Jahren unterliegt. Steuerlich relevant ist hierbei, dass die Rückforderung innerhalb dieser Frist erfolgen muss, damit die Schenkungssteuer erlassen werden kann. Wird die Schenkung erst nach Ablauf dieser Frist zurückgefordert, bleibt die ursprüngliche Schenkungssteuer bestehen, und es besteht kein Anspruch auf Erstattung.

 

Fristen und Verjährung

Die Frage nach Fristen und Verjährung spielt bei der Rückforderung einer Schenkung eine zentrale Rolle. Das deutsche Zivilrecht regelt diese Aspekte klar, um sowohl dem Schenker als auch dem Beschenkten rechtliche Sicherheit zu bieten. Hierbei sind vor allem zwei Zeiträume von Bedeutung: die 10-Jahresfrist und die allgemeine Verjährungsfrist.

Die 10-Jahresfrist

Gemäß § 529 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist der Rückforderungsanspruch des Schenkers grundsätzlich ausgeschlossen, wenn seit der Schenkung zehn Jahre vergangen sind. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem die Schenkung vollzogen wurde. Bei Immobilien etwa ist dies der Fall, sobald der Beschenkte als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Diese 10-Jahresfrist dient dazu, eine klare zeitliche Grenze für den Widerruf von Schenkungen zu setzen und so Rechtssicherheit für beide Parteien zu schaffen.

Eine wichtige Ausnahme bildet jedoch die Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers gemäß § 528 BGB. In solchen Fällen kann der Schenker, wenn er nach der Schenkung nicht mehr in der Lage ist, seinen eigenen Unterhalt zu bestreiten, das Geschenk zurückfordern. Dieser Anspruch verfällt jedoch ebenfalls, wenn seit der Schenkung zehn Jahre vergangen sind. Das bedeutet, dass Schenker, die in finanzielle Not geraten, innerhalb dieser Frist handeln müssen, um ihren Anspruch geltend zu machen.

Allgemeine Verjährungsfrist

Neben der 10-Jahresfrist gilt für den Rückforderungsanspruch auch die allgemeine Verjährungsfrist nach § 195 BGB, die drei Jahre beträgt. Diese Frist beginnt jedoch nicht mit dem Zeitpunkt der Schenkung, sondern erst ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Schenker von den Umständen erfährt, die ihn zum Widerruf berechtigen. Das bedeutet, dass der Schenker, sobald er von einem Widerrufsgrund – beispielsweise grobem Undank des Beschenkten – Kenntnis erlangt, drei Jahre Zeit hat, um den Widerruf gerichtlich durchzusetzen.

Wichtig ist hierbei, dass die Frist auch dann zu laufen beginnt, wenn der Schenker zwar hätte wissen können, aber grob fahrlässig keine Kenntnis von den widerrufsbegründenden Tatsachen erlangt hat. Dieser Ansatz schützt den Beschenkten vor unendlichen Rückforderungsansprüchen, die unter Umständen Jahre später erhoben werden könnten.

 

Fazit

Der Widerruf einer Schenkung ist ein rechtlich komplexes Unterfangen, das gut durchdacht und sorgfältig geplant werden muss. Gesetzliche und vertragliche Rückforderungsgründe bieten verschiedene Möglichkeiten, eine Schenkung rückgängig zu machen, doch jede Situation erfordert eine individuelle Prüfung. Um rechtliche und steuerliche Fallstricke zu vermeiden, ist es ratsam, sich frühzeitig von einem Experten beraten zu lassen, der die Gestaltung des Schenkungsvertrags und die Durchsetzung von Rückforderungsrechten optimal begleitet.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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