Verfahren zur Unternehmensbewertung

Der finanzielle Wert eines Unternehmens kann in verschiedensten Szenarien von Bedeutung sein. Sowohl für die interne, strategische Ausrichtung und Positionierung als auch im Rahmen einer möglichen Unternehmensübernahme durch Dritte ist die Bestimmung des Unternehmenswerts ein gängiger Bestandteil und wird mittlerweile von mehreren standardisierten Vorgehensweisen und Methoden begleitet.

Das spannendste an der Bestimmung des Wertes eines Unternehmens sind häufig die weit auseinanderliegenden Vorstellungen und Ergebnisse verschiedener beteiligter Parteien. Dies beruht auf der Tatsache, dass der Unternehmenswert in den meisten Fällen nicht nur durch objektive, messbare Kriterien bestimmt, sondern auch von subjektiven Einschätzungen und Ansichten (teilweise stark) beeinflusst wird. Auch bei den verschiedenen Bewertungsmethoden wird dieser Umstand deutlich, verfolgen sie doch in vielerlei Hinsicht unterschiedliche Ansätze mit jeweils anderen Ergebnissen.

Welche Bewertungsmethoden gibt es?

Während des Ablaufs einer Unternehmensbewertung, welche in den häufigsten Fällen aufgrund einer anstehenden Übernahme des Unternehmens durchgeführt wird, werden viele verschiedene Methoden und Vorgehensweisen in unterschiedlichen Kontexten angewendet, um die möglichen Rahmenbedingungen besser kennenlernen und einschätzen zu können. Als Ergebnis einer solchen breit gestreuten Untersuchung kommen meistens sogenannte Grenzbeträge zustande, welche einen finanziellen Rahmen für die späteren Verhandlungsgespräche bilden und von verschiedenen Argumentationslinien referenziert werden können. Prinzipiell kann bei den Methoden für die Feststellung eines Unternehmenswerts zwischen individuellen und vergleichenden Vorgehen unterschieden werden. Letztere setzen dabei die betrachteten Elemente und Inhalte in einen relativen Vergleich zu Konkurrenten und Mitbewerbern und stellen so eine marktbezogene Einordnung her.

Vergleichswertverfahren

Bei den marktorientierten, vergleichenden Bewertungsmethoden stellt die sogenannte Vergleichswertmethode (bzw. Vergleichswertverfahren) einen über viele Jahre etablierten Standard dar. Sie nutzt grundsätzlich die Daten von konkurrierenden Unternehmen derselben oder einer ähnlichen Branche, in welcher sich das zu bewertende Unternehmen befindet, und stellt somit einen Bezug zu bereits durchgeführten Bewertungen ähnlich positionierter Unternehmen her. Häufig wird ein solches Verfahren von Beratern und Dienstleistern durchgeführt, welche sich besonders auf M&A (Fusionen und Transaktionen) spezialisiert haben und dadurch ein breites Branchenwissen mitbringen. Besonders wichtig ist bei der Vergleichswertmethode, auf eine Übereinstimmung der wichtigsten Kriterien der miteinander verglichenen Unternehmen zu achten – so können beispielsweise ein Unterschied in der Unternehmensgröße oder verschiedene Spezialisierungen in einer gemeinsamen übergeordneten Branche zu signifikanten Unterschieden auch bei der Unternehmensbewertung führen. Die Praxis unterscheidet dabei im Wesentlichen zwei Methoden des Vergleichswertverfahrens: Die Bewertung anhand sog. Deal-Multiples und die Bewertung anhand sog. Trading Multiples.

Multiple-Bewertung

Bei der Multiple-Bewertung werden bereits durchgeführte Transaktionen von ähnlich situierten Unternehmen herangezogen und die dadurch gewonnenen Marktkenntnisse auf die eigene anstehende Transaktion projiziert. Der eigentliche Unternehmenswert wird dann mit Gewinn- oder Umsatzmultiplikatoren bestimmt, welche aus den vorhergehenden Konkurrenzanalysen entstanden sind.

Einzelbewertungsverfahren

Eine weitere Möglichkeit der Unternehmensbewertung besteht in Einzelbewertungsverfahren. Hier werden die Vermögenswerte des jeweiligen Unternehmens in einzelne Bausteine unterteilt, in der Folge unabhängig voneinander bewertet und zum Schluss addiert. So ergibt sich schlussendlich das Bruttovermögen des Unternehmens, das abzüglich der Schulden dann den Unternehmenswert abbildet. Die Praxis kennt zwei unterschiedliche Methoden der Einzelbewertung: Das Substanzwertverfahren und das Liquidationswertverfahren.

Substanzwertverfahren

Wie der Name bereits verrät, wird beim Substanzwertverfahren der Unternehmenswert auf Basis der ‚Unternehmenssubstanz‘ ermittelt. Hierzu gehören in etwa das Gebäude, die Ausstattung wie Anlagen, Maschinerie o.ä. Dieses Verfahren eignet sich besonders dann, wenn ein großer Anteil des Unternehmensvermögens auf Immobilien entfällt, denn der Substanzwert kann dann ein besseres Bild des Unternehmenswerts liefern als der rein bilanzielle Buchwert.

Formel zur Berechnung des Substanzwerts

Wiederbeschaffungswert der Vermögensgegenstände - Schulden = Substanzwert

Liquidationswertverfahren

Bei der Unternehmensbewertung mithilfe des Liquidationswerts wird ebenso wie beim Substanzwertverfahren vorgegangen – das heißt die einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens werden addiert und die Schulden im Anschluss abgezogen. Einziger Unterschied besteht darin, dass die Berechnung unter dem Vorsatz der Liquidation also der Auflösung eines Unternehmens erfolgt.

Formel zur Berechnung des Substanzwerts

Liquidationserlös (Erlös aller Vermögenswerte) - Verbindlichkeiten - verpflichtende Rückstellungen - Liquidationskosten = Liquidationswert

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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