Reform der Pflegeversicherung 2023

Reform der Pflegeversicherung 2023

Angesichts der steigenden Kosten sowohl in der stationären als auch der ambulanten Pflege hat das Bundeskabinett am 5. April 2023 einen wegweisenden Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Diese Reform zielt darauf ab, die Finanzierung der Pflegeversicherung zu stabilisieren und gleichzeitig eine gerechtere Verteilung der Beiträge sicherzustellen. So soll die Pflegeversicherung an die aktuellen Herausforderungen angepasst und eine verbesserte Versorgung der Pflegebedürftigen angestrebt werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Informationen zur Pflegereform.

Um was geht es beim PUEG?

Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) ist ein bedeutender Bestandteil der umfangreichen Pflegereform 2023, die vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, auf die steigenden Kosten in der stationären und ambulanten Pflege zu reagieren und die Finanzierung der Pflegeversicherung zu verbessern. Gemäß dem PUEG-Entwurf sollen ab dem 1. Juli 2023 Arbeitgeber bei der Berechnung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung die Anzahl der Kinder berücksichtigen. Dies soll zu einer gerechteren Verteilung der Beiträge führen. Die Pflegereform sieht zudem eine Stabilisierung der Finanzgrundlage ab Juli 2023 vor und eine spürbare Erhöhung der Leistungsbeträge ab Januar 2025.

Reaktion auf Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Das PUEG wurde aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 (Az. 1 BvL 3718) notwendig. Das Gericht erkannte eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung von Eltern mit mehreren Kindern in der bisherigen Beitragsberechnung der Pflegeversicherung (PV). Es forderte daher eine Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Beitragserhebung. Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung den Entwurf des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes verabschiedet, um diese Ungleichheit zu beseitigen und eine gerechtere Beitragsverteilung zu gewährleisten. Das PUEG stellt somit eine direkte Antwort auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dar.

Was für Veränderungen bringt das PUEG konkret mit sich?

Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) bringt umfangreiche Veränderungen im deutschen Pflegesystem mit sich. Ab dem 1. Juli 2023 wird der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung von 3,05% auf 3,40% angehoben. Eine leichte Absenkung der Bemessungsgrundlage ist ebenfalls geplant.

Eine bedeutende Neuerung betrifft die Beitragserhebung nach der Anzahl der Kinder. Kinderlose Arbeitnehmer ab 23 Jahren zahlen einen Zuschlag, der von 0,35% auf 0,60% steigt. Somit beträgt der Beitragssatz für kinderlose gesetzlich Versicherte 2,30% (Arbeitnehmeranteil). Bei Arbeitnehmern mit einem Kind entfällt der Zusatzbeitrag, ihr Beitragssatz liegt bei 1,70%. Bei mehreren Kindern sinkt der Beitragssatz pro Kind um 0,25 Prozentpunkte. Ab dem fünften Kind wird der Beitragssatz gedeckelt, sodass die Ermäßigung insgesamt höchstens 1 Prozent beträgt. Der niedrigste mögliche Beitragssatz liegt bei fünf oder mehr Kindern bei 0,7%. Diese Abschläge gelten jedoch nur bis zum 25. Lebensjahr der Kinder.

Für Versicherte gelten also folgende Beitragssätze:

  • ohne Kinder 4% (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3%)
  • mit einem Kind 3,4% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,7%)
  • mit 2 Kindern 3,15% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45%)
  • mit 3 Kindern 2,9% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2%)
  • mit 4 Kindern 2,65% (Arbeitnehmer-Anteil: 0,95%)
  • mit mehr als 4 Kindern 2,4% (Arbeitnehmer-Anteil: 0,7%)

Das PUEG sieht auch weitere Maßnahmen vor, wie die Erhöhung des Pflegegeldes und der ambulanten Sachleistungsbeträge um 5% ab dem 1. Januar 2024 sowie die Anpassung von Geld- und Sachleistungen an die Preisentwicklung. Darüber hinaus werden die Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu einem Entlastungsbudget zusammengelegt, es gibt einen neuen Nutzungsrahmen für das Pflegeunterstützungsgeld und die Leistungszuschläge für die stationäre Pflege werden erhöht. Auch das Begutachtungsverfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit wird angepasst, und es erfolgt eine Förderung der Digitalisierung in der Pflege. Zudem sind Anpassungen der Beiträge zur Pflegeversicherung vorgesehen. Das PUEG bringt somit umfassende Veränderungen mit dem Ziel, die Pflegeversorgung zu verbessern und die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung zu gewährleisten.

Übersicht zur Beiträge zur Pflegeversicherung nach Anzahl der Kinder

Welche Ziele werden mit dem PUEG verfolgt?

Die Bundesregierung verfolgt mit der Berücksichtigung der Kinderzahl im Rahmen des PUEG 2023 mehrere Ziele. Erstens ist es ein Schritt, um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung von Eltern mit mehreren Kindern zu beheben. Darüber hinaus strebt die Regierung eine gezielte Entlastung von Eltern mit mehreren Kindern an, indem sie niedrigere Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen müssen. Gleichzeitig soll durch die Beitragserhöhung für kinderlose Beschäftigte ein höherer Beitrag geleistet werden, um den Generationenvertrag zu stärken. Auf diese Weise soll die Pflege zuhause gestärkt, pflegende Angehörige entlastet und die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung gewährleistet werden. Zudem sollen digitale Angebote für Pflegebedürftige und Pflegende leichter zugänglich und besser nutzbar werden.

Veränderungen für Arbeitgeber

Die Pflegereform 2023 hat auch Auswirkungen auf Arbeitgeber, die mit beträchtlichem Mehraufwand konfrontiert werden. Mit der Neuregelung der PV-Beitragsberechnung müssen sie einerseits Nachweise über die Elterneigenschaft ihrer Beschäftigten einholen und führen. Andererseits sind sie auch dafür verantwortlich, die entsprechenden Abschläge in der Entgeltabrechnung umzusetzen.

Der Nachweis über die Anzahl der Kinder erfolgt bisher oft über die Eintragung von Kinderfreibeträgen in den ELStAM-Merkmalen. Diese Methode reicht jedoch künftig nicht mehr aus, da die genaue Anzahl der Kinder daraus nicht sicher abgelesen werden kann. Deshalb sind Arbeitgeber verpflichtet, von den Beschäftigten entsprechende Nachweise vorlegen zu lassen. Hierbei gelten klare Regeln:

Die Geburtsurkunden der berücksichtigten Kinder müssen im Original vom Beschäftigten vorgelegt werden. Der Arbeitgeber behält eine Kopie zur Aufbewahrung in der Personalakte des Angestellten. Voraussichtlich wird dies auch für Adoptivkinder gelten.

Falls ausländische Angestellte Geburtsurkunden in einer anderen Sprache vorlegen, müssen diese beglaubigt übersetzt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass nur für die Kinder, für die ein Nachweis vorliegt, der entsprechende Abschlag in den PV-Beiträgen berücksichtigt werden darf. Arbeitgeber sollten diese Anforderungen sorgfältig umsetzen, um die korrekte Berechnung der Beiträge sicherzustellen.

Entgeltabrechnung der Arbeitgeber

Die Umsetzung der Pflegereform 2023 hat auch Auswirkungen auf die Entgeltabrechnung der Arbeitgeber. Bisher war es ausreichend, die Elternschaft zu prüfen und ein entsprechendes Kennzeichen in der Lohnsoftware zu setzen, um über die Zahlung des Zusatzbeitrags zu entscheiden. Dieses Kennzeichen bleibt auch weiterhin relevant für die Frage, ob der Beitragssatz erhöht wird oder nicht.

Allerdings müssen Arbeitgeber ab sofort auch eine Altersprüfung für jedes erfasste Kind in der Lohnanwendung durchführen, um die Abschläge vom zweiten bis zum fünften Kind korrekt zu berechnen. Diese Abschläge dürfen nur bis zum vollendeten 25. Lebensjahr der betreffenden Kinder abgezogen werden, danach entfallen sie.

Daher müssen Arbeitgeber aktiv werden. Neben der Anforderung der Geburtsurkunden müssen sie sicherstellen, dass die korrekte Anzahl der Kinder und deren Geburtsdatum bis spätestens Ende 2023 in der Lohnsoftware für jeden Beschäftigten erfasst ist. Falls Arbeitnehmer die erforderlichen Nachweise nicht vorlegen, sollten sie im Zweifelsfall mit dem höheren Beitragssatz abgerechnet werden.

Es ist wichtig, dass Arbeitgeber sich rechtzeitig mit diesen Anforderungen auseinandersetzen und die notwendigen Schritte zur korrekten Umsetzung in der Entgeltabrechnung einleiten. Dies gewährleistet eine reibungslose Abwicklung und verhindert mögliche Probleme bei der Beitragserhebung.

Gerne unterstützen wir Sie dabei bei jeglichen Prozessen, die für Sie anfallen:
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Erleichterung für Arbeitgeber: zentrale Nachweisführung

Eine positive Nachricht für Arbeitgeber könnte ab 2025 eine Erleichterung bei der Nachweisführung über die Anzahl und das Geburtsdatum der Kinder bringen. Die Bundesregierung plant die Einführung einer zentralen Stelle, die diese Daten maschinell bereitstellen soll. Dies hätte den Vorteil, dass der Aufwand für Arbeitgeber sowie für Beschäftigte mit mehreren Jobs erheblich reduziert würde.

Allerdings steht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest, welche Stelle diese Aufgabe übernehmen wird und ab wann genau diese zentrale Nachweisführung eingeführt wird. Daher ist es ratsam, dass Arbeitgeber bereits jetzt das Thema aktiv angehen und nach eigenen Lösungen für die Nachweisführung suchen. Indem sie sich frühzeitig damit auseinandersetzen, können sie sicherstellen, dass sie gut vorbereitet sind, wenn die neuen Regelungen in Kraft treten. Dies ermöglicht eine reibungslose Umsetzung und verhindert mögliche Schwierigkeiten bei der Nachweisführung. Gerne unterstützt sie auch die Kanzlei Herrmann und May bei dieser Aufgabe.

Fazit

Insgesamt soll die Pflegereform 2023 einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Pflegeversorgung und zur finanziellen Stabilität der Pflegeversicherung darstellen. Arbeitgeber sollten die Veränderungen aktiv angehen, um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten und mögliche Schwierigkeiten bei der Beitragserhebung zu vermeiden. Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den Anforderungen der Reform vertraut zu machen und gegebenenfalls fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um den eigenen Verpflichtungen nachzukommen.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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