Rechnungslegungsstandards nach HGB und IFRS einfach erklärt

Zentrale Aufgabe der Wirtschaftsprüfung ist es, die Finanzberichterstattung von Unternehmen nach den jeweils geltenden Rechungslegungsstandards zu prüfen. Geprüft werden dabei Buchhaltung und Bilanzierung. Doch nach welchen konkreten Standards erfolgt die Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer dabei? Thomas May, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gibt im heutigen Fachartikel ausführliche Antworten!

Was ist ein Rechnungslegungsstandard?

Rechnungslegungsstandards sind in erster Linie national oder international angewandte Prinzipien zur Rechnungslegung. D.h. sie schreiben vor, nach welchen konkreten Grundsätzen Unternehmen ihre Bilanzen aufzustellen hat. Derartige Standards können dabei entweder vom Gesetzgeber oder von einem Expertengremium festgelegt werden. Sofern ein Rechnungslegungsstandard von einem Expertengremium festgelegt wurde, ist es nicht unmittelbar geltendes Recht – entweder sie werden von den Wirtschaftsprüfern akzeptiert und in der Praxis umgesetzt oder durch den Gesetzgeber in geltendes Recht überführt.

Welche Rechnungslegungsstandards gibt es?

Zu den bekanntesten Standards gehören die Rechnungslegung nach Handelsgesetzbuch (HGB) sowie die Rechnungslegung nach International Financial Reporting Standards (IFRS). Während Ersterer die Rechnungslegung im nationalen Raum regelt, regelt Letztere die Vorgaben für die internationale Rechnungslegung – insbesondere für Unternehmen innerhalb der Europäischen Union. Darüberhinaus gibt es den Rechnungslegungsstandard nach United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP). In den letzten Jahren wurde jedoch der Wunsch laut, die Standards zu vereinheitlichen, insbesondere IFRS und US-GAAP.

HGB oder IFRS?

Ob ein Unternehmen nach HGB oder IFRS bilanzieren muss, hängt dabei davon ab, wo es seinen Sitz hat und ob es an der Börse gelistet ist. D.h. kleine und mittelständische Unternehmen mit Sitz in Deutschland bilanzieren in der Regel nach Handelsgesetzbuch, Unternehmen und kapitalmarktorientierte Konzerne und Gesellschaften, die an der deutschen oder amerikanischen Börse gelistet sind, müssen dagegen nach IFRS bilanzieren. So schreibt es die EU-Verordnung vor. Als kapitalmarktorientiertes Unternehmen gelten bspw. Mutterunternehmen,  deren Aktien zum Handel an einem organisierten Kapitalmarkt innerhalb der EU zugelassen sind.

Zu beachten ist auch, dass Unternehmen, die im Ausland tätig sind oder deren Aktien auf internationalen Märkten gehandelt werden, überdies die Vorschriften des jeweiligen Landes beachten müssen. Dabei kommt es nicht selten zu einer Mehrfachbilanzierung.

Worin unterscheidet sich die Bilanzierung nach HGB und IFRS konkret?

 

HGB

IFRS

ALLGEMEINES

 

 

Rechtsgrundlage

Gesetze

Standards vom International Accounting Standards Committee

Zweck der Rechnungslegung

Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung

Schutz der Investoren sowie Bereitstellung von Informationen, die für Entscheidungen von Investoren wichtig sind

BILANZIERUNG

 

 

Vermögensgegenstände

anzusetzen mit Anschaffungskosten 

anzusetzen zu Marktwert

Goodwill aus Unternehmenskäufen

planmäßige Abschreibung

Aktivierung und nur bei Wertminderung Abschreibung

immaterielle Wirtschaftsgüter

Aktivierungsverbot

müssen Teil der Bilanz sein, wenn Wahrscheinlichkeit besteht, dass dem Unternehmen hieraus ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht

noch nicht realisierte Gewinne

Gewinne dürfen erst dann in der Bilanz berücksichtigt werden, wenn sie realisiert wurden

Erlaubnis/ Verpflichtung zum Ausweis noch nicht realisierter Gewinne

Steuerbemessung

HGB Einzelabschluss dient zur Ermittlung des Gewinns als Grundlage der Steuerbemessung

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Überdies unterscheiden sich die Bestandteile des Jahresabschlusses danach, ob die Rechungslegungsstandards nach HGB oder IFRS angewendet wurden. Während der Jahresabschluss nach HGB die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie einen Anhang mit ergänzenden Angaben zum Jahresabschluss umfasst, muss der Jahresabschluss nach IFRS weitere Bestandteile aufweisen. So in etwa neben der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Aufstellung der Veränderungen des Eigenkapitals, eine Kapitalflussrechnung sowie einen Anhang, der die wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zusammenfasst.

Wann lohnt sich die Rechnungslegung nach IFRS auch für deutsche, nicht-börsennotierte Unternehmen?

Normalerweise erstellen nicht-börsennotierte Unternehmen ihren Jahresabschluss nach HGB. Doch immer öfter wird freiwillig ein IFRs-konformer Abschluss erstellt. Zum Beispiel dann, wenn das Unternehmen verkauft werden und internationale Investoren angesprochen werden sollen. Gleichzeitig entscheiden sich immer mehr international tätige Familienunternehmen dazu, nach IFRS zu bilanzieren, denn erstellt ein deutsches Unternehmen einen Abschluss nach HGB, muss es, sofern es Auslandsgesellschaften führt, für Konzernzwecke zusätzlich ein sog. Reporting Package erstellen. D.h. die Konzernbuchhaltung muss den Tochtergesellschaften im Ausland das HGB näherbringen, weshalb die Entscheidung in solchen Fällen eher auf das IFRS fällt.

Doch dies hat auch eine Schattenseite, sind die IFRS sehr komplex und unterliegend nahezu dauerhaft Änderungen und Anpassungen. Überdies ist die Einführung und das Aufrechterhalten einer Rechnungslegung nach IFRS im Inland mit höheren Kosten verbunden, da das IFRS mehr Anhangsangaben fordert. Letztere erfordern im Rechnungswesen eigene Prozesse zur Informationsbeschaffung, da sich die Zahlen nicht wie im HGB aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ableiten lassen.

Beratung durch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Thomas May

Sie sind Unternehmerin oder Unternehmer und bilanzieren nach HGB, fragen sich aber, ob für sie eine Bilanzierung nach IFRS in Frage kommt? Oder stehen vor der Gründung Ihres Unternehmens und möchten mehr zum Thema Rechnungslegungspflichten und -standards erfahren? Dann sind Sie bei uns genau richtig. Wir von der Kanzlei Herrmann und May mit Sitz in Heilbronn unterstützen Sie gern.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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