Nachkalkulationen im Bereich der Betriebsprüfung durch das Finanzamt

Dem Finanzamt stehen diverse Methoden zur Verfügung, um zu überprüfen, ob die Buchführung bzw. die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Den Schätzungsmethoden zugehörig, beruht die Nachkalkulation auf der zahlenmäßigen Auswertung der Verhältnisse eines Betriebes. Doch was genau ist die Nachkalkulation? Wie funktioniert sie und wann hat das Finanzamt die Berechtigung eine solche Nachkalkulation durchzuführen?

Die Nachkalkulation

Die Nachkalkulation ist die Überprüfung des angegebenen Umsatzes anhand der Berechnung des Warenaufschlags. Aus diesem Grund ist die Nachkalkulation mit einem hohen Aufwand verbunden: Sie ist kein mathematisch-statistisches Verfahren, sondern gehört den Schätzungsverfahren an und hat eine höhere Beweiskraft.

Wie funktioniert die Nachkalkulation?

Im Rahmen der Nachkalkulation muss der Prüfer zunächst alle bekannten Kosten und Verkaufspreise des zu prüfenden Betriebes im Prüfungszeitraum berechnen. Hierzu wertet der Prüfer betriebsinterne Daten wie beispielsweise die Verkaufspreise, Kosten des Materials oder die Fertigungslöhne aus. Anhand dessen ermittelt er den Rohertrag bzw. den Reingewinn des Betriebes und den Aufschlag.

Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, selbst eine kalkulationsmäßige Berechnung zu erstellen. Er ist lediglich dazu angehalten, gezielte Rückfragen des Prüfers zu beantworten und weitere sachdienliche Unterlagen vorzulegen. Die ungenügende Mitwirkung des Steuerpflichtigen können die Genauigkeitsanforderungen an eine kalkulationsmäßige Schätzung mindern.

Wie funktioniert die mitlaufende Nachkalkulation?

Die mitlaufende Nachkalkulation gilt als effektivste Art der Nachkalkulation. Sie ist durch das Merkmal geprägt, dass sie für jeden Arbeitsgang direkt nach dessen Ende durchgeführt werden kann. Sie stellt hohe Ansprüche an die Genauigkeit der Betriebsdatenerfassung und -verarbeitung, da sie parallel zum Produktionsfortschritt stattfindet. Sie ist daher vor allem für komplexe und langfristige Fertigungen geeignet. Ziel der mitlaufenden Nachkalkulation ist es, bereits während der noch laufenden Fertigung Abweichungen und deren Ursachen zu identifizieren. Somit können schnell passende Steuerungsmaßnahmen eingeleitet und den Rest des Fertigungsprozesses optimiert werden.

Wie lässt sich ein Soll-Ist-Vergleich durchführen?

Die Ergebnisse der Vor- und Nachkalkulation werden miteinander verglichen. Abweichungen werden in eine Mengen- sowie eine Preiskomponente unterteilt und analysiert. Die Trennung ist sinnvoll, weil die Kostenverantwortlichen meistens lediglich den Mengenverbrauch, aber nicht die Preise beeinflussen können. Trotzdem kann es sich lohnen, auch Preisabweichungen zu untersuchen. Unter anderem muss festgestellt werden, ob es sich um eine dauerhafte Abweichung mit entsprechender Ursache oder eine einmalige Abweichung handelt. Im Fall eine dauerhafte Abweichung muss versucht werden, diese zu beheben. Beispielsweise kann beim Einkauf nach günstigeren Lieferanten oder Substitutionsmöglichkeiten für einen Rohstoff gesucht werden.

Was kann anhand der Nachkalkulation festgestellt werden?

Anhand der Nachkalkulation kann der Nachweis erbracht werden, dass formelle ordnungsmäßig ermittelte Buchführungsergebnisse unrichtig sind. Das Finanzamt nutzt die Nachkalkulation, um aufzuweisen, dass in der Buchführung des Steuerpflichtigen nicht alle Betriebseinnahmen erfasst worden sind und die Buchführung aufgrund dessen nicht richtig ist.

Was passiert bei einer im Rahmen der Nachkalkulation ermittelten Abweichung?

Bei geringfügigen Abweichungen muss in Betracht gezogen werden, dass es sich hierbei um Schätzungsfehler handelt. Führt die Nachkalkulation im Vergleich zur Buchführung des Steuerpflichtigen zu relevanten Abweichungen bzw. nicht erfassten Fehlbeträgen (Mehrumsatz von 3 %), kann dadurch die Ordnungsmäßigkeit einer formell richtigen Buchführung im Sinne des § 158 AO erschüttert und eine Hinzuschätzung gerechtfertigt werden.

Was für Herausforderungen bringt die Nachkalkulation mit sich?

Die Nachkalkulation im Rahmen einer Betriebsprüfung ist sehr aufwendig. Zudem können zahlreiche Mängel bzw. Unzulänglichkeiten auftreten. Möglich sind etwa Fehler bei der Pauschalierung, Nichtberücksichtigung betrieblicher Eigenheiten, unzutreffende Wareneinsätze oder fehlerhafte Aufschlagsätze. Die Nachkalkulation sollte daher vom Steuerpflichtigen und von seinem steuerlichen Berater einer genauen Überprüfung unterzogen werden. Die Kalkulationsgrundlagen müssen von der Finanzverwaltung dem Steuerpflichtgen, auch in elektronischer Form, nachvollziehbar offengelegt werden.

Berechtigung zur Nachkalkulation

Es besteht für die Finanzverwaltung grundsätzlich die Berichtigung zu einer Nachkalkulation. Selbst bei einer formell ordnungsgemäßen Buchführung, bei welcher keine Beanstandungen gefunden wurden, darf die Finanzverwaltung eine solche durchführen.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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