Kleinstkapitalgesellschaften und Jahresabschluss: Was bei Bilanzierung und Veröffentlichung wichtig ist

Kleinstkapitalgesellschaften und Jahresabschluss: Was bei Bilanzierung und Veröffentlichung wichtig ist

Die Einordnung eines Unternehmens als Kleinstkapitalgesellschaft bringt erhebliche Erleichterungen bei Bilanzierung, Rechnungslegung und Veröffentlichungspflichten mit sich. Gleichzeitig besteht aber vielfach Unsicherheit darüber, welche gesetzlichen Anforderungen tatsächlich gelten und wie die Offenlegung korrekt durchgeführt wird. Als Steuerberater erlebe ich regelmäßig, dass Unternehmer zwar von den Entlastungen profitieren möchten, jedoch die Details des MicroBilG und der §§ 267a, 325 ff. HGB nicht vollständig überblicken. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Punkte praxisnah zusammen und zeigt, wie Kleinstkapitalgesellschaften Fehler bei der Bilanzierung und Veröffentlichung vermeiden.

Wann gilt ein Unternehmen als Kleinstkapitalgesellschaft – und warum ist die Einstufung so wichtig?

Kleinstkapitalgesellschaften sind eine eigenständige Größenklasse im Handelsrecht. Die Einstufung erfolgt nach § 267a HGB. Entscheidend ist, dass an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen mindestens zwei der folgenden Werte nicht überschritten werden:

Kriterium

Schwellenwert

Bilanzsumme

450.000 €

Umsatzerlöse

900.000 €

Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt

bis 10

Die praktische Bedeutung ist enorm: Eine korrekte Einstufung kann Unternehmen von umfangreichen Offenlegungspflichten, von der Aufstellung eines Anhanges oder sogar von Teilen des Lageberichts entlasten. Gleichzeitig drohen bei Fehlinterpretationen Ordnungsgelder, die erfahrungsgemäß schnell mehrere Tausend Euro erreichen können.

Gerade für kleine Gesellschaften mit geringem Verwaltungsapparat ist die korrekte Zuordnung daher ein wesentlicher Bestandteil der Bilanzierung und der strategischen Steuerplanung.

Wie sieht die Bilanzierung bei Kleinstkapitalgesellschaften aus?

Das MicroBilG ermöglicht eine deutliche Vereinfachung der Bilanz. Während kleine und mittlere Gesellschaften eine vollständige Gliederung nach § 266 HGB vornehmen müssen, dürfen Kleinstkapitalgesellschaften eine verkürzte Bilanz einreichen. Diese umfasst lediglich die Bilanzposten der obersten Gliederungsebene:

Aktivseite:
A. Anlagevermögen
B. Umlaufvermögen
C. Rechnungsabgrenzungsposten
D. Aktive latente Steuern
E. Aktiver Unterschiedsbetrag aus Vermögensverrechnung

Passivseite:
A. Eigenkapital
B. Rückstellungen
C. Verbindlichkeiten
D. Rechnungsabgrenzungsposten
E. Passive latente Steuern

Für die Praxis bedeutet das: Eine Vielzahl detaillierter Unterpositionen kann entfallen, sofern die Bilanz dennoch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt. Fallen besondere Sachverhalte wie ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag an, müssen diese dennoch erkennbar dargestellt werden.

Die Bilanzierung bleibt also inhaltlich korrekt und prüfungssicher, wird aber formell stark entschlackt – ein erheblicher Vorteil für viele kleine Kapitalgesellschaften.

Benötigen Kleinstkapitalgesellschaften einen Anhang?

Auch hier gibt es eine zentrale Erleichterung: Kleinstkapitalgesellschaften dürfen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB vollständig auf einen Anhang verzichten.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass keinerlei Erläuterungen erforderlich wären. Stattdessen müssen bestimmte gesetzlich definierte Angaben unter der Bilanz aufgeführt werden. Dazu gehören insbesondere:

  • Haftungsverhältnisse (§§ 251, 268 Abs. 7 HGB)
  • Vorschüsse und Kredite an Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane
  • Bestand eigener Aktien (bei AG/KGaA)

Für Genossenschaften kommen weitere Angaben hinzu, etwa zur Mitgliederzahl oder zum Prüfungsverband.

Als Steuerberater ist es wichtig zu betonen: Viele Fehler entstehen nicht in der Bilanzierung selbst, sondern bei der Frage, welche Informationen trotz Erleichterungen zwingend anzugeben sind. Wer hier zu viel weglässt, riskiert Ordnungsgelder.

Veröffentlichung oder Hinterlegung – welche Option ist die richtige?

Kleinstkapitalgesellschaften haben eine Wahlmöglichkeit, die größere Gesellschaften nicht mehr haben: Sie können den Jahresabschluss entweder voll veröffentlichen oder im Unternehmensregister hinterlegen.

Was bedeutet Hinterlegung?

Der Jahresabschluss wird beim Unternehmensregister eingereicht, aber nicht öffentlich sichtbar, sondern nur gegen Gebühr auf Anfrage herausgegeben. Dies bietet vor allem kleinen Unternehmen ein Plus an Datenschutz.

Die Hinterlegung umfasst:

  • die verkürzte Bilanz
  • die erforderlichen Angaben unter der Bilanz
  • die Unterschrift der gesetzlichen Vertreter
  • das Feststellungsdatum des Jahresabschlusses

Gerade Gründer und kleinere Gesellschaften wählen diesen Weg, um interne Zahlen nicht unbeschränkt zugänglich zu machen.

Welche Fristen müssen Kleinstkapitalgesellschaften einhalten?

Die Fristen entsprechen denen aller Kapitalgesellschaften:

  • Einreichung spätestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag
  • unverzügliche Übermittlung nach Feststellung des Jahresabschlusses
  • elektronische Einreichung über die Publikationsplattform

Seit Inkrafttreten des DiRUG gilt:
Abschlüsse für Geschäftsjahre ab 2022 müssen direkt beim Unternehmensregister eingereicht werden.

Das Missverständnis, Kleinstkapitalgesellschaften hätten generell verlängerte Fristen, tritt häufig auf – ist aber falsch.

Welche Sanktionen drohen bei Fehlern oder Fristversäumnissen?

Das Bundesamt für Justiz überwacht die Offenlegung streng. Bei verspäteter Offenlegung werden Ordnungsgelder verhängt – mindestens:

  • 500 € bei Kleinstkapitalgesellschaften
  • 1.000 € bei kleinen Kapitalgesellschaften

Wichtig ist: Die Herabsetzung auf 500 € erfolgt nur, wenn die Unterlagen eingereicht werden, bevor das BfJ den Ordnungsgeldbescheid erlässt.

Da es keine absolute Obergrenze für wiederkehrende Ordnungsgelder gibt, kann ein Versäumnis schnell sehr teuer werden.

Warum sollten Kleinstkapitalgesellschaften ihre Bilanzierung professionell begleiten lassen?

Trotz der Erleichterungen bleiben die handelsrechtlichen Vorgaben anspruchsvoll. Fehler entstehen häufig:

  • bei der Schwellenwertprüfung
  • bei der Entscheidung zwischen Veröffentlichung und Hinterlegung
  • bei den erforderlichen Angaben unter der Bilanz
  • beim Feststellungsdatum
  • bei der korrekten elektronischen Einreichung

Eine professionelle Beratung stellt sicher, dass die Bilanzierung ordnungsgemäß erfolgt und Ordnungsgeldverfahren vermieden werden.

Fazit: Kleinstkapitalgesellschaften profitieren von erheblichen Vereinfachungen – wenn sie die Regeln beherrschen

Die Einstufung als Kleinstkapitalgesellschaft bietet große Vorteile: Eine verkürzte Bilanz, der Wegfall des Anhangs und die Möglichkeit zur Hinterlegung reduzieren den Aufwand erheblich. Gleichzeitig bleiben die Anforderungen an Richtigkeit und Vollständigkeit hoch. Für Unternehmer lohnt es sich daher, die Bilanzierung und Offenlegung gemeinsam mit einem Steuerberater zu gestalten – rechtssicher, effizient und ohne vermeidbare Sanktionen.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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