Grundlagen und Besonderheiten der Wirtschaftsprüfung

Bei dem Begriff der Wirtschaftsprüfung denken die meisten Personen wahrscheinlich als erstes an die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland, auch als die Big4 bezeichnet. Wenn aber nach den konkreten Aufgaben von Wirtschaftsprüfern gefragt wird, ist häufig unklar, welche genauen Themen und Arbeitsgebiete hierbei relevant sind und wofür die Wirtschaftsprüfung eigentlich benötigt wird. Der folgende Artikel bietet einen  Überblick über die grundlegenden Aufgaben- und Themengebiete, welche in der Wirtschaftsprüfung bearbeitet werden und beschreibt den generellen Ablauf sowie mögliche Arten einer solchen Prüfung.

Was macht ein Wirtschaftsprüfer?

Der Beruf eines Wirtschaftsprüfers ist im betriebswirtschaftlichen Bereich angesiedelt und beschäftigt sich – wie der Name treffend beschreibt – hauptsächlich mit der Prüfung und Kontrolle von verschiedenen finanziellen und buchhalterischen Sachverhalten in einem Unternehmen. Die Grundlage für eine solche Prüfung bilden die jeweils geltenden Rechnungslegungsstandards, welchen die unterschiedlichen Berichte, Bilanzaufstellungen und Abschlüsse eines Unternehmens zwingend entsprechen müssen und welche von den Wirtschaftsprüfern mit den von dem zu prüfenden Unternehmen bereitgestellten Informationen und Unterlagen verglichen werden. Prinzipiell kann die Tätigkeit also als Vergleich eines Ist-Zustands (tatsächliche Finanzberichterstattung eines Unternehmens) mit einem Soll-Zustand (gesetzlich vorgeschriebene Rechnungslegungsstandards) beschrieben werden, welcher die mögliche Abweichung beziehungsweise Differenz dieser beiden Zustände als Endresultat hervorbringt. Einen der größten Aufgabenbereiche für Wirtschaftsprüfer nimmt die für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie für bestimmte Einzelunternehmen vorgeschriebene Jahresabschlussprüfung ein.

Ziele von einer Wirtschaftsprüfung

Der Zweck, welcher mit der Prüfung der Finanzberichterstattung und Bilanzierung eines Unternehmens verfolgt wird, besteht hauptsächlich darin, den Adressaten der veröffentlichten Abschlüsse – also beispielsweise Investoren, Geschäftspartnern oder Mitarbeitern – bestätigen zu können, dass bei einer objektiven und unbefangenen Kontrolle keine Zweifel an der Korrektheit der Angaben des Unternehmens bestehen und diesen somit vertraut werden kann. Daneben wird auch die korrekte Ausweisung des Gewinns sowie die Ermittlung der anzuwendenden Steuerlast überprüft und im Optimalfall ebenfalls bestätigt.

Wer darf eine Wirtschaftsprüfung vornehmen?

Wirtschaftsprüfungen dürfen nur von vereidigten Buchprüfern oder Wirtschaftsprüfern, welche nach der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) zugelassen wurden, durchgeführt werden. Zusätzlich ist auch eine Kontrolle der Finanzberichterstattung durch im eigenen Unternehmen angestellte Mitarbeiter möglich, welche als Innenrevision bezeichnet wird.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Herrmann+May unterstützt Sie gerne bei einer Wirtschaftsprüfung in Ihrem Unternehmen und besitzt alle dafür benötigten Qualifikationen und Berechtigungen.

Wie läuft eine Prüfung in der Praxis ab?

Bei einer Kontrolle der Finanzberichterstattung durch einen Wirtschaftsprüfer werden neben den gesetzlich vorgeschriebenen Rechnungslegungsstandards auch die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und weiterer Satzungen des Unternehmens eingesehen und anschließend geprüft, ob diese mit der Finanzberichterstattung zu vereinbaren sind. Um die Prüfung erfolgreich durchführen und abschließen zu können, erarbeitet der Wirtschaftsprüfer eine Prüfungsstrategie, welche das sogenannte Prüfungsrisiko und die Wesentlichkeit mit einbezieht. Das Prüfungsrisiko in einer Abschlussprüfung stellt dabei eine Kennzahl dar, welche dem Risiko einer erfolgreich bestätigten Prüfung trotz unerkannter, wesentlicher Fehler im zu prüfenden Abschlussbericht entspricht. Der Grundsatz der Wesentlichkeit zielt wiederum darauf ab, den Fokus der Prüfung auf entscheidungsrelevante Sachverhalte zu richten, um ein finales Urteil mit einer hinreichenden Urteilssicherheit zu erlangen.

Die tatsächliche Prüfung erfolgt dann in den meisten Fällen durch die Erhebung und Auswertung von Stichproben, wobei zu prüfende Bereiche mit einer höheren Fehlerwahrscheinlichkeit einer deutlich erhöhten Anzahl von Stichproben ausgesetzt sind. Die Auswertung der Stichproben basiert auf zuvor festgelegten Kriterien, welche mögliche Fehler bei ihrer Entdeckung entweder als unwesentlich oder aber als wesentlich mit potenziell großem Einfluss auf den finalen Bestätigungsvermerk einordnen. Bereiche im Unternehmen, welche solchen Stichprobentests unterliegen, können beispielsweise unter anderem ein internes Kontrollsystem oder aber ein Lohn- und Gehaltsabrechnungssystem sein.

Da der Wirtschaftsprüfer tiefe Einblicke in die finanzielle Situation und den strukturellen Aufbau des zu prüfenden Unternehmens erhält, wäre ihm prinzipiell eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Gesamtorganisation oder einzelner Unternehmensbereiche durchaus möglich – eine solche erfolgt allerdings bewusst nur eingeschränkt, indem lediglich eine Feststellung über die Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortführung beziehungsweise einer möglichen Insolvenz getätigt wird.

Welche unterschiedlichen Prüfungsarten gibt es?

Wie bereits beschrieben stellt die für bestimmte (Kapital-)Gesellschaften verpflichtende Jahresabschlussprüfung den größten Aufgabenbereich für Wirtschaftsprüfer dar. Daneben existieren allerdings auch – je nach Rechtsform des zu prüfenden Unternehmen – Zwischenabschlüsse, welche beispielsweise bei einer Veräußerung von Unternehmensanteilen oder anderen Veränderungen an der Unternehmensstruktur angefertigt werden. Auch andere Arten von Sonderprüfungen können für die Wirtschaftsprüfer anfallen, etwa wenn ein Abschlussbericht verdächtige oder unregelmäßige Inhalte aufweist oder bestimmte Unternehmensbereiche besonders intensiv auf ihre Korrektheit geprüft werden sollen.

Pflicht zur Wirtschaftsprüfung

Nicht alle Unternehmen sind von der Pflicht zur Wirtschaftsprüfung oder Konzernprüfung betroffen. Vielmehr müssen nur die als Kapitalgesellschaft eingetragenen Unternehmen bei zwei aufeinanderfolgenden Jahresabschlüssen mindestens zwei von drei Kriterien erfüllen, um von einer solchen Verpflichtung betroffen zu sein, ansonsten greift diese  grundsätzlich nicht. Die Kriterien, welche auf Erfüllung geprüft werden, basieren auf dem Handelsgesetzbuch (HGB) und lauten wie folgt:

  1. Eine Bilanzsumme, welche mindestens bei 6.000.000 EUR (sechs Millionen Euro) liegt, kann das Unternehmen im Falle der Erfüllung von mindestens einem weiteren Kriterium als ein mittelgroßes oder großes Unternehmen qualifizieren
  2. Falls die Umsatzerlöse bei mindestens 12.000.000 EUR (zwölf Millionen Euro) liegen, kann auch dieses Kriterium das Unternehmen im Falle der Erfüllung von mindestens einem weiteren Kriterium als ein mittelgroßes oder großes Unternehmen qualifizieren
  3. Wenn ein Unternehmen mindestens 50 Arbeitnehmer beschäftigt und mindestens ein weiteres Kriterium erfüllt, kann es als ein mittelgroßes oder großes Unternehmen qualifiziert werden

 

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

Zurück