Erbschaftssteuer: 10 Tricks zur Steuerminimierung bei Schenkung und Nachlassplanung

Erbschaftssteuer: 10 Tricks zur Steuerminimierung bei Schenkung und Nachlassplanung

Die Übertragung von Vermögen durch Erbschaft oder Schenkung ist ein sensibles Thema – emotional wie steuerlich. In Deutschland unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftssteuer, bei lebzeitiger Übertragung greift die Schenkungsteuer. Beide Steuerarten orientieren sich an der Höhe des Vermögens und dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser bzw. Schenker und Empfänger.

Doch es gibt gute Nachrichten: Die Steuergesetze bieten zahlreiche legale Gestaltungsmöglichkeiten, um die steuerliche Belastung bei der Vermögensübertragung erheblich zu senken oder ganz zu vermeiden. Im Folgenden finden Sie 10 praxiserprobte Tipps zur Steuerminimierung, mit denen Sie Vermögen generationenübergreifend sichern können.

Wer muss Erbschaftssteuer zahlen?

Die Erbschaftssteuer fällt grundsätzlich für alle natürlichen Personen an, die Vermögen durch den Tod eines anderen erhalten – sei es als gesetzlicher Erbe, testamentarisch eingesetzter Erbe, Vermächtnisnehmer oder durch Pflichtteilsansprüche. Maßgeblich für die Höhe der Steuer sind der Wert des geerbten Vermögens, der Verwandtschaftsgrad zum Erblasser sowie die steuerliche Einordnung in eine von drei Steuerklassen.

Je enger das Verhältnis zwischen Erblasser und Erbe, desto höher ist der steuerliche Freibetrag und desto niedriger fällt in der Regel der Steuersatz aus. Ehegatten und Kinder profitieren von besonders hohen Freibeträgen (500.000 Euro bzw. 400.000 Euro) und günstigen Steuersätzen. Dagegen müssen entfernte Verwandte oder nicht verwandte Personen – etwa Lebensgefährten oder Freunde – mit geringeren Freibeträgen (nur 20.000 Euro) und deutlich höheren Steuersätzen von bis zu 50 Prozent rechnen.

Auch juristische Personen wie gemeinnützige Stiftungen oder Vereine können erben. Diese unterliegen in der Regel jedoch nicht der Erbschaftsteuer, sofern sie steuerbegünstigt sind und der Nachlass für gemeinnützige Zwecke verwendet wird.

Ein Sonderfall: Erbschaften aus dem Ausland oder an im Ausland lebende Erben können ebenfalls der deutschen Erbschaftssteuer unterliegen, wenn der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. In solchen Fällen ist eine Doppelbesteuerung möglich, sofern kein bilaterales Abkommen besteht.

 

1. Vorweggenommene Erbfolge: Schenkung zu Lebzeiten

Wer sein Vermögen bereits zu Lebzeiten überträgt, nutzt die sogenannte vorweggenommene Erbfolge. Der große Vorteil: Freibeträge gelten nicht nur bei der Erbschaftssteuer, sondern auch bei der Schenkungsteuer – und zwar alle zehn Jahre erneut. Kinder etwa haben alle zehn Jahre einen steuerfreien Schenkungsfreibetrag von 400.000 Euro pro Elternteil. Wird das Vermögen also frühzeitig in zwei Etappen übertragen, lässt sich ein erheblicher Teil steuerfrei weitergeben. Bei Immobilien kann zusätzlich durch Nießbrauchsvorbehalt der steuerlich relevante Wert gesenkt werden.

2. Steuerfreibeträge voll ausschöpfen

Das A und O der Steuerminimierung ist die geschickte Nutzung der Freibeträge. Diese hängen vom Verwandtschaftsgrad ab:

Jede natürliche Person kann alle zehn Jahre Schenkungen bis zur Höhe ihres Freibetrags steuerfrei erhalten. Durch langfristige Planung und verteilte Schenkungen lässt sich so Vermögen nahezu steuerfrei übertragen.

Verhältnis zum Erblasser

Steuerklasse

Freibetrag

 

Ehegatten / eingetragene Lebenspartner

I

500.000 €

 

Kinder, Stiefkinder, Enkel (wenn Eltern verstorben)

I

400.000 € (Kinder)200.000 € (Enkel)

 

Eltern, Großeltern (bei Erbschaft)

I

100.000 €

 

Geschwister, Nichten/Neffen, Schwiegerkinder

II

20.000 €

 

Lebensgefährten (nicht verheiratet)

III

20.000 €

 

Freunde, sonstige Personen

III

20.000 €

 

 

3. Erbschaft aufteilen – Steuerlast verteilen

Ein weiterer effektiver Trick zur Reduzierung der Erbschaftssteuer ist die Aufteilung des Erbes auf mehrere Personen. Durch eine clevere Nachlassplanung lässt sich Vermögen so strukturieren, dass mehrere Personen jeweils ihren persönlichen Freibetrag nutzen können. Der Erblasser kann dies durch ein Testament mit Teilungsanordnung festlegen. Diese regelt, welcher Erbe welche Vermögensgegenstände erhält. Auch Vermächtnisse an außenstehende Personen (z. B. Freunde oder Patenkinder) können steuerlich sinnvoll eingesetzt werden.

Wert des Erwerbs (nach Abzug des Freibetrags)

Steuerklasse I

Steuerklasse II

Steuerklasse III

Bis 75.000 €

7 %

15 %

30 %

Bis 300.000 €

11 %

20 %

30 %

Bis 600.000 €

15 %

25 %

30 %

Bis 6.000.000 €

19 %

30 %

30 %

Bis 13.000.000 €

23 %

35 %

50 %

Bis 26.000.000 €

27 %

40 %

50 %

Über 26.000.000 €

30 %

43 %

50 %

 

4. Kettenschenkung zur Steueroptimierung

Die Kettenschenkung nutzt die steuerlichen Freibeträge in der Familie effektiv aus. Beispiel: Ein Großvater möchte seiner Enkelin 400.000 Euro schenken. Der Freibetrag beträgt jedoch nur 200.000 Euro. Durch eine Zwischenschaltung der Tochter – die zunächst 400.000 Euro steuerfrei erhält – kann diese wiederum 400.000 Euro steuerfrei an die Enkelin weitergeben. Wichtig: Die Schenkung an die Tochter muss unbedingt unentgeltlich und frei verfügbar sein, sonst erkennt das Finanzamt die Kette nicht an.

5. Supervermächtnis im Berliner Testament einsetzen

Ehegatten, die sich per Berliner Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, verschenken oft steuerliches Potenzial. Denn beim Tod des zweiten Ehepartners fallen oft erhebliche Erbschaftssteuern an. Abhilfe schafft das Supervermächtnis: Es erlaubt dem überlebenden Ehepartner, den Kindern bereits beim ersten Erbfall Vermächtnisse zuzusprechen, um deren Freibeträge optimal auszuschöpfen. Diese Technik reduziert das vererbte Vermögen des überlebenden Partners und kann beide Erbfälle steuerfrei halten.

6. Schenkungsteuer übernehmen – sinnvoll bei hohen Werten

Manchmal lohnt es sich, dass der Schenker die Schenkungsteuer übernimmt. Dadurch erhöht sich der steuerpflichtige Betrag rechnerisch, jedoch bleibt dem Beschenkten ein höherer Nettobetrag. Beispiel: Schenkt Donald seinem Cousin 293.400 Euro und übernimmt die Steuer (rund 106.626 Euro), kostet ihn die gesamte Schenkung 400.026 Euro. Sein Cousin erhält aber 7.400 Euro mehr als bei einer direkten Schenkung ohne Steuerübernahme.

7. Güterstandsschaukel: Ehevertrag mit Steuervorteil

Ehepaare können über einen cleveren Wechsel ihres Güterstands Vermögen steuerneutral übertragen. Bei der Güterstandsschaukel vereinbaren die Ehepartner zunächst Gütertrennung, wodurch ein steuerfreier Zugewinnausgleich entsteht. Anschließend kann wieder in die Zugewinngemeinschaft zurückgekehrt werden. Diese Strategie ist besonders bei hohem Vermögen sinnvoll, da sie Erbschafts- und Schenkungsteuer bei Vermögensübertragungen zwischen Ehegatten vermeidet.

8. Verwandtschaft herstellen: Heirat oder Adoption

Verwandtschaft zahlt sich steuerlich aus. Während Lebensgefährten nur 20.000 Euro steuerfrei erben oder geschenkt bekommen, liegt der Freibetrag für Ehegatten bei 500.000 Euro. Auch durch eine Adoption (z. B. von Stiefkindern) kann ein höherer Freibetrag geltend gemacht werden. Dabei sind rechtliche Beratung und notarielle Beurkundung notwendig. Wichtig: Für steuerliche Zwecke gelten auch Stiefkinder wie leibliche Kinder – hier ist keine Adoption erforderlich.

9. Familienheim steuerfrei vererben

Besondere steuerliche Begünstigungen gelten beim Familienheim. Ehepartner oder Kinder können ein geerbtes Eigenheim steuerfrei übernehmen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Selbstnutzung zu Wohnzwecken,
  • Einzug innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall,
  • Nutzung für mindestens 10 Jahre,
  • bei Kindern: die Wohnfläche darf 200 m² nicht überschreiten.

Ein späterer Verkauf oder eine Vermietung innerhalb der Frist kann rückwirkend zur Steuerpflicht führen. Diese Regelung ist besonders wertvoll bei stark gestiegenen Immobilienwerten.

10. Familiengesellschaft (Familienpool) gründen

Eine vermögensverwaltende Familiengesellschaft eignet sich insbesondere für größere Vermögen, Beteiligungen und Immobilien. Das Vermögen wird in eine Personengesellschaft (z. B. GmbH & Co. KG) eingebracht, Anteile werden schrittweise im Rahmen der Schenkungsfreibeträge auf Kinder oder Enkel übertragen. Vorteile:

  • Geringe Steuerlast durch anteilige Bewertung,
  • Familienvermögen bleibt gebündelt,
  • Minderjährige können steuerfreie Erträge erhalten,
  • langfristige Nachfolgeplanung.

Die Gründung sollte steuerlich und rechtlich professionell begleitet werden.

Kanzlei HERRMAN + MAY TREUHAND – Ihr Experte für die steuerliche Behandlung von Vermögensübertragungen

Die Kanzlei HERRMAN + MAY TREUHAND ist spezialisiert auf die umfassende steuerliche Beratung bei Vermögensübertragungen, sei es durch Erbschaft, Schenkung oder im Rahmen einer unternehmerischen Nachfolge. Unsere Mandanten profitieren von fundierter Expertise in der Erbschaftsteuerplanung, der optimalen Nutzung von Freibeträgen und der Entwicklung steuerlich wirksamer Gestaltungsmodelle – sowohl im privaten als auch im betrieblichen Kontext.

Fazit: Mit frühzeitiger Planung zur Steuerersparnis

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer lässt sich durch rechtzeitige Planung, clevere Gestaltung und geschickte Nutzung der Freibeträge erheblich reduzieren oder vermeiden. Wer seine Vermögensübertragung frühzeitig strukturiert, schützt sein Lebenswerk und entlastet die Nachfolgegeneration.

Ob durch die vorweggenommene Erbfolge, Teilungsanordnungen, Familiengesellschaften oder Schenkungen im Zehn-Jahres-Rhythmus – es gibt viele Wege, die Erbschaftssteuer legal zu umgehen. Wichtig ist, sich frühzeitig mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen und professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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