Erbschaft & Steuern: Alles, was Sie über Freibeträge, Steuerklassen und Tipps zur Steueroptimierung wissen müssen

Erbschaft & Steuern: Alles, was Sie über Freibeträge, Steuerklassen und Tipps zur Steueroptimierung wissen müssen

In Deutschland spielt die Erbschafts- und Schenkungssteuer eine bedeutende Rolle, wenn es um den Transfer von Vermögen geht. Jährlich werden Vermögenswerte im Wert von bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Die dazugehörigen Erbschafts- bzw. Schenkungssteuern betragen etwa 11 Milliarden Euro (Stand: Jahr 2021). Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Grundlagen der Erbschafts- und Schenkungssteuer, einschließlich Steuerklassen, Freibeträgen und Tipps zur Steueroptimierung.

 

Steuerklassen und deren Bedeutung

Das deutsche Erbschaftsteuerrecht unterscheidet drei Steuerklassen, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben richten:

 

  • Steuerklasse I: Diese Klasse umfasst nahe Verwandte wie Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder, Enkelkinder und Urenkel. Auch Eltern und Großeltern fallen in diese Kategorie, wenn sie von ihren Kindern erben.
  • Steuerklasse II: Hierzu gehören entferntere Verwandte wie Geschwister, Nichten und Neffen, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und Stiefeltern sowie geschiedene Ehepartner.
  • Steuerklasse III: Diese Klasse gilt für alle anderen Personen, die keine der beiden vorher genannten Klassen abdecken. Dazu zählen Freunde und Bekannte, die erben.

 

Die Steuerklasse bestimmt nicht nur, welche Steuersätze zur Anwendung kommen, sondern auch, welche Freibeträge gelten.

 

Freibeträge beim Erben und Verschenken

Freibeträge spielen eine zentrale Rolle bei der Berechnung der Erbschaftssteuer. Sie legen fest, welcher Betrag eines Erbes steuerfrei bleibt. Die Höhe der Freibeträge variiert je nach Steuerklasse:

 

Steuerklasse I:

  • Ehepartner und eingetragene Lebenspartner können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben.
  • Kinder, Stiefkinder und Kinder verstorbener Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro.
  • Enkelkinder erhalten einen Freibetrag von 200.000 Euro, sofern die Eltern des Enkelkindes bereits verstorben sind. Andernfalls beträgt der Freibetrag für Enkelkinder 200.000 Euro.
  • Eltern und Großeltern haben einen Freibetrag von 100.000 Euro.

Steuerklasse II:

  • Entferntere Verwandte wie Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und Stiefeltern haben einen Freibetrag von 20.000 Euro.

Steuerklasse III:

  • Alle übrigen Personen, die nicht in den Steuerklassen I oder II eingeordnet sind, haben ebenfalls einen Freibetrag von 20.000 Euro.

 

Zusätzlich zu den allgemeinen Freibeträgen gibt es spezifische Freibeträge für bestimmte Vermögensarten. So sind beispielsweise Hausrat und bewegliche Gegenstände bis zu bestimmten Beträgen steuerfrei, je nach Steuerklasse.

 

Steuersätze nach Steuerklasse

Die Erbschaftssteuer wird nur auf den Teil des Erbes erhoben, der den Freibetrag überschreitet. Die Höhe des Steuersatzes richtet sich nach der Steuerklasse und dem Wert des Erbes. Die Steuersätze sind gestaffelt und steigen mit dem Wert des Erbes:



Wert des steuerpflichtigen Erwerbs

Steuerklasse I

Steuerklasse II

Steuerklasse III

bis 75.000 Euro

7 %

15 %

30 %

bis 300.000 Euro

11 %

20 %

30 %

bis 600.000 Euro

15 %

25 %

30 %

bis 6.000.000 Euro

19 %

30 %

30 %

bis 13.000.000 Euro

23 %

35 %

50 %

bis 26.000.000 Euro

27 %

40 %

50 %

über 26.000.000 Euro

30 %

43 %

50 %

 

Tipps zur Steueroptimierung

Die Steuerlast bei Erbschaften kann erheblich sein, doch es gibt legale Möglichkeiten, um die Belastung zu verringern. Hier sind einige bewährte Tipps zur Steueroptimierung:

 

Frühzeitige Schenkungen:

Eine effektive Methode, um die steuerliche Belastung für Ihre Erben zu reduzieren, besteht darin, Vermögen bereits zu Lebzeiten zu verschenken. Jeder Steuerpflichtige kann alle zehn Jahre Schenkungen bis zum Freibetrag steuerfrei tätigen. Indem Sie Vermögenswerte vor Ihrem Tod verschenken, reduzieren Sie die Erbschaftsmasse und somit die mögliche Steuerlast für Ihre Erben. Diese Strategie ist besonders nützlich, wenn es um größere Vermögen oder Immobilien geht. Bei einer Erbschaft hingegen wird das gesamte Erbe auf einmal ausgezahlt und wird dann voll versteuert.

 

Verwandtschaftsgrad optimal nutzen:

Der Verwandtschaftsgrad beeinflusst sowohl die Höhe der Freibeträge als auch die Steuersätze erheblich. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner profitieren von höheren Freibeträgen und niedrigeren Steuersätzen als entfernte Verwandte oder nicht verwandte Personen. Durch gezielte rechtliche Maßnahmen wie Eheschließung oder die Anerkennung einer eingetragenen Partnerschaft können Sie Ihre Steuerlast optimieren. Auch bei der Gestaltung von Testamenten und Erbverträgen sollten Sie den Verwandtschaftsgrad berücksichtigen, um steuerliche Vorteile zu nutzen.

 

Selbstgenutzte Immobilien steuerlich nutzen:

Wenn Sie eine Immobilie erben und diese selbst nutzen, können Sie von steuerlichen Vergünstigungen profitieren. Unter bestimmten Voraussetzungen können selbstgenutzte Immobilien komplett steuerfrei vererbt werden, wenn der Erbe mindestens zehn Jahre darin lebt. Dies gilt insbesondere für die eigene Hauptwohnung. Außerdem können vermietete Immobilien durch einen Abschlag von 10% auf den Wert der Erbschaftssteuer entlastet werden. Wenn Sie planen, eine geerbte Immobilie selbst zu nutzen oder zu vermieten, kann dies Ihre Steuerlast erheblich senken.

 

Expertenrat holen bei einem spezialisierten Steuerberater

Die Steueroptimierung im Zusammenhang mit Erbschaften kann komplex sein, insbesondere wenn es um große Vermögen, zahlreiche Immobilien oder spezielle Steuerregelungen geht. Daher ist es oft ratsam, sich professionellen Rat zu holen. Ein erfahrener Steuerberater kann nicht nur bei der Berechnung der Erbschaftssteuer unterstützen, sondern auch dabei helfen, strategische Entscheidungen zu treffen, um die Steuerlast zu minimieren. Die Kanzlei HERRMANN + MAY TREUHAND bietet spezialisierte Steuerberatung für Erbschafts- und Schenkungssteuer an und kann Sie bestens beraten.

 

Fazit

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Deutschland ist komplex, aber gut planbar. Die Kenntnis der Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze ist entscheidend, um die Steuerlast zu verstehen und zu optimieren. Durch strategische Schenkungen, das Nutzen von Freibeträgen und das Verständnis der Regelungen für Immobilien können Erben und Schenkende ihre Steuerlast erheblich reduzieren. Eine frühzeitige und gezielte Planung, eventuell mit rechtlicher Beratung, kann dabei helfen, die steuerlichen Auswirkungen optimal zu gestalten und finanzielle Belastungen zu minimieren.

Über den Autor:

Thomas May

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Tel.: +49 7131 72409-0

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