Die Reform der Grundsteuer – Was Eigentümer wissen müssen
Die Reform der Grundsteuer – Was Eigentümer wissen müssen
Seit dem 1. Januar 2025 ist die neue Grundsteuer in Kraft. Die Grundsteuerreform war notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung aufgrund veralteter Bewertungsgrundlagen für verfassungswidrig erklärt hatte. Eigentümerinnen und Eigentümer müssen sich nun auf deutlich veränderte Bewertungsverfahren und zum Teil höhere Steuerbelastungen einstellen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Änderungen die Grundsteuerreform 2025 mit sich bringt, wie die neue Grundsteuer berechnet wird und was Betroffene jetzt tun können.
Warum wurde die Grundsteuer reformiert?
Die alte Grundsteuer basierte auf Einheitswerten aus dem Jahr 1964 (Westdeutschland) bzw. 1935 (Ostdeutschland) – ein Zustand, der laut Bundesverfassungsgericht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieß. Ab 2025 darf sie daher nicht mehr erhoben werden. Ziel der Grundsteuerreform 2025 war es, die Steuerlast gerechter zu verteilen und gleichzeitig das Aufkommen für die Kommunen stabil zu halten – doch letzteres ist vielerorts nicht gelungen.
Drei Modelle – je nach Bundesland
Je nach Bundesland kommt eines von drei Modellen zur Anwendung:
1. Das Bundesmodell
Gilt in elf Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Berlin und Thüringen. Es berücksichtigt neben der Grundstücksfläche auch die Wohnfläche, Art der Immobilie, Baujahr, Bodenrichtwert und weitere Parameter. Das Verfahren gilt als besonders komplex.
2. Bodenwertmodell
In Baden-Württemberg zählt allein der Bodenrichtwert in Kombination mit der Grundstücksfläche. Der Zustand oder die Größe der Bebauung spielt keine Rolle.
Im Bodenwertmodell ergibt sich der Grundsteuerwert allein aus der Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Daraus wird – wie in allen Modellen – der Steuermessbetrag berechnet, der anschließend mit dem kommunalen Hebesatz multipliziert wird.
Formel:
Grundsteuerwert = Grundstücksfläche × Bodenrichtwert
→ Steuermessbetrag = Grundsteuerwert × Steuermesszahl
→ Grundsteuer = Steuermessbetrag × Hebesatz
Beispiel:
Grundstücksfläche: 500 m²
Bodenrichtwert: 500 €/m²
→ Grundsteuerwert: 250.000 €
→ Steuermessbetrag: 250.000 € × 0,00031 = 77,50 €
→ Bei einem Hebesatz von 400 %: 77,50 € × 4 = 310 € Grundsteuer im Jahr
Vorteile des Modells
- Einfachheit: Die Datenbeschaffung und Erklärung ist für Eigentümer weniger aufwendig.
- Transparenz: Bodenrichtwerte sind öffentlich zugänglich und nachvollziehbar.
- Rechtsklarheit: Der Bewertungsmaßstab ist einheitlich, da der Zustand der Immobilie keine Rolle spielt.
3. Flächenmodelle
In Bayern (wertunabhängiges Modell), Hamburg, Hessen und Niedersachsen kommen sogenannte Flächenfaktor- oder Wohnlagenmodelle zum Einsatz. Hier fließen Grundstücks- und Wohnfläche in die Berechnung ein, aber keine Wertkomponenten.
Wie wird die neue Grundsteuer berechnet?
Die Berechnung erfolgt in vier Schritten – unabhängig vom Modell:
- Feststellung des Grundsteuerwerts durch das Finanzamt
- Multiplikation mit der Steuermesszahl (z. B. 0,031 %) → ergibt den Steuermessbetrag
- Anwendung des Hebesatzes der Kommune auf den Steuermessbetrag → ergibt die Grundsteuer
Beispiel:
Grundsteuerwert: 100.000 €
Steuermesszahl: 0,031 % → Steuermessbetrag: 31 €
Hebesatz der Gemeinde: 400 %
→ Jährliche Grundsteuer: 31 € × 4 = 124 €
Wichtig: Die Hebesätze legen die Kommunen selbst fest – und haben diese vielfach erhöht, wodurch sich die Steuerlast für viele Eigentümer trotz abgesenkter Steuermesszahlen deutlich erhöht hat.
Die Grundsteuer in Baden-Württemberg, Quelle: https://wannweil.de/aktuelle-informationen-ueber-die-grundsteuerreform-2025/
Wer ist besonders betroffen?
Die Grundsteuerreform 2025 trifft viele Eigentümer empfindlich – insbesondere in städtischen Gebieten. Laut einer Studie des Verbands Haus & Grund ist in 79 % der Fälle die Grundsteuerbelastung gestiegen oder gleich geblieben. Nur rund 21 % der Steuerpflichtigen wurden entlastet. Besonders betroffen sind:
- Eigentümer großer Wohnimmobilien
- Besitzer unbebauter, baureifer Grundstücke
- Eigentümer älterer Immobilien in einfachen Lagen mit gestiegenen Bodenrichtwerten
- Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern: +119 %
- Eigentümer von Eigentumswohnungen: +40 %
- Eigentümer von Mehrfamilienhäusern: +111
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit
Trotz der Reform gibt es massive rechtliche Bedenken gegen das neue System – insbesondere das Bundesmodell. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einzelnen Fällen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert. Streitpunkte sind:
- Verwendung regional teils veralteter Bodenrichtwerte
- Mangelnde Transparenz der Bewertungsverfahren
- Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes
Derzeit laufen Musterverfahren, unter anderem von Haus & Grund und dem Bund der Steuerzahler. Erste Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts werden 2026 erwartet.
Einspruch einlegen – sinnvoll für viele
Selbst wenn Sie den Steuerbescheid für Ihre Immobilie bereits erhalten haben, lohnt sich ein prüfender Blick. Denn: Eigentümer haben einen Monat Zeit, um kostenlos Einspruch beim Finanzamt einzulegen. Ein Einspruch kann auch dann sinnvoll sein, wenn die Steuerbelastung subjektiv unangemessen erscheint – sollte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz später für verfassungswidrig erklären, profitieren rückwirkend nur diejenigen, die Einspruch eingelegt haben.
Wichtig:
- Einspruch muss begründet sein
- Musterschreiben gibt es bei Haus & Grund und Bund der Steuerzahler
- Wird der Einspruch abgelehnt, bleibt der Klageweg zum Finanzgericht offen
Was Eigentümer jetzt tun sollten
- Bescheid prüfen: Vergleichen Sie die neue Grundsteuer mit der früheren Abgabe.
- Daten kontrollieren: Fehlerhafte Angaben zu Wohnfläche, Baujahr oder Grundstücksgröße führen schnell zu überhöhten Beträgen.
- Bodenrichtwert ermitteln: Über das Bodenrichtwertinformationssystem „BORIS“ Ihres Bundeslandes.
- Fristen beachten: Innerhalb eines Monats nach Bescheid Zugang aktiv werden.
- Einspruch einlegen: Bei Zweifeln oder Unverhältnismäßigkeiten – schriftlich, fristgerecht, gut begründet.
Fazit: Reform mit Nebenwirkungen
Die Grundsteuerreform 2025 war lange überfällig – doch in der praktischen Umsetzung zeigt sich: Viele Eigentümer sind finanziell stärker belastet als vor der Reform. Die viel zitierte „Aufkommensneutralität“ wurde nicht erreicht. Gleichzeitig häufen sich rechtliche Unsicherheiten und Musterklagen. Wer seine Steuerlast nachvollziehen will, sollte sich gründlich mit der neuen Berechnungsweise auseinandersetzen – und nicht zögern, rechtzeitig Einspruch einzulegen.
Tipp:

Über den Autor:
Thomas May
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e.V.)
Tel.: +49 7131 72409-0